Heute ist ein besonderer Tag. Heute fange ich an, fröhlich vor mich hin zu bloggen.
Warum heute? Heute vor einem Jahr habe ich die Nachricht bekommen, dass ich als einer von wenigen Menschen auf dieser Welt ein Medikament nehmen kann und darf, das meine Erkrankung, spinale Muskelatrophie, von einer sicheren Todesursache zu einem etwas weniger bedrohlichem Monster verwandelt.
Das heißt noch lange nicht, dass mir eine magische Heilung bevor steht, aber es heißt zumindest, dass meine Muskulatur sich nicht weiter und weiter abbauen wird, bis ich nicht mehr atmen kann und an meinem eigenen Körper ersticken muss.
Was genau dieses Medikament aber tun würde, war weder mir noch meinen Ärzten klar. Es gibt nicht besonders viele Menschen mit meiner Erkrankungen – und noch weniger, die so privilegiert sind, 10 Dosen dieses Medikaments für je 10.000 € zu erhalten und das auch noch ein Leben lang jeden Tag. Ob es überhaupt anschlagen würde, konnte man mir nicht sagen. Also hatte ich heute vor einem Jahr viele, viele Hoffnungen und wenig Erwartungen.
Also begann meine Reise mit einer großen Unsicherheit darüber. Aufgeregt saß ich in der Ambulanz und habe innerlich gebetet. Dann ging alles ganz schnell. Man fragte mich, ob ich das hier wirklich wollen würde und erklärte wie ich das Medikament einnehmen und behandeln musste.
Tja und dann hatte ich schon den rosafarbenen Zettel in der Hand und war auf dem Weg nach Hause. Ich hab ihn panisch umklammert. Als könne ihn mir jemand wieder wegnehmen. Und als ich ihn in der Apotheke abgegeben habe, wäre ich am liebsten weggelaufen. Was, wenn es jetzt daran scheitern würde, dass das Procedere der Apotheke zu riskant wäre?
Ich glaube, es waren mit die längsten Minuten meines Lebens. ApothekerInnen bildeten hinter der Theke Trauben, stießen hinzu und liefen los, um Dinge zu recherchieren. Man spürte die Aufregung und das Raunen wurde nur immer intensiver.
Am Ende strahlten mich sehr glückliche ApothekerInnen an, die mir sagten, dass man mir das Medikament bis spätestens in einer Woche würde besorgen können. Man würde mich dann anrufen.
Wie ich nach draußen kam, weiß ich nicht mehr. Aber ich stand im strahlenden Sonnenschein, auf einem Platz auf dem sich normalerweise Messebesucher zum Mittagessen treffen und weinte. Weinte um all die Jahre, die bis zu diesem Moment vergangen waren. Weinte vor Angst vor den Nebenwirkungen. Weinte aus der unbändigen Erleichterung heraus, dass ich diese Chance wirklich bekommen konnte.
Mir war nicht klar, wie viel sich in einem Jahr und nur dadurch, dass man jeden Tag eine Flüssigkeit schluckt, ändern könnte, aber inzwischen habe ich mehr und mehr das Bedürfnis, meine Geschichte zu teilen und von mir und meiner Reise zu erzählen.
Und darum nutze ich dieses Jubiläum eines Anfangs, euch auf meinen Weg mitzunehmen.
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